38. Sächsische Chor- und Instrumentalwoche
Datum: 3. bis 12. August 2007
Ort: Bad Liebenwerda
Leitung: Wolfgang Behrend und Cornelius Volke
Assistenz: Lucas Pohle
Konzerte: Torgau, Bad Liebenwerda und Dresden
Bad Liebenwerda

Zum zweiten Mal nach 1979 in Erfurt fand 2007 eine Musikwoche wieder im „Ausland" statt, nun aber nicht im Süden, sondern im äußersten Osten der Kirchenprovinz Sachsen.
Mit dem Rekord von 160 Teilnehmern stellte die Musikwoche vom 03.08. – 12.08.2007 eine organisatorische Herausforderung für die Kurstadt Bad Liebenwerda dar. Neben den zahlreichen Privatquartieren wurden alle verfügbaren Pensionen genutzt, dank einer unerschöpflichen, ferienfreien Kindertagesstätte der ev. Kirchengemeinde brauchten nicht alle Privatangebote in den benachbarten Dörfern in Anspruch genommen zu werden.
Die Musikwoche wurde wieder souverän von Wolfgang Behrend geleitet, erstmals in der Chorarbeit von Cornelius Volke unterstützt. Michael Fritsch verzichtete aufs Geigenspiel, auch dies eine Neuerung, und meisterte im Hintergrund die organisatorischen Tücken des Alltags. Das Konzept sah als Neuerung ein eigenständiges Chorkonzert vor, um dem Musikwochenchor in bewusster Abgrenzung vom Orchester ein unverwechselbares, eigenständiges Profil geben zu können.

Geamtprobe in der StadtkircheDas Orchester probte in der Stadtkirche, einzelne Register übten auch im Pfarrhaus und im Gemeindehaus. Der Chor durfte zusätzlich zum Gemeindehaus auch den Sitzungssaal im Rathaus in Beschlag nehmen. Sehr erleichternd auch im übertragenen Sinne wirkten die pünktlich zur Musikwoche fertig gestellten Toiletten in der Kirche. Zum Essen trafen wir uns alle im Bürgersaal der Sparkasse Elbe-Elster, sehr preiswert versorgt vom Gasthaus „Zu den drei Rosen" aus Winkel. Alle Örtlichkeiten waren fußläufig zu erreichen und Umbauten zwischen den Mahlzeiten waren nicht notwendig – das waren gute organisatorische Voraussetzungen für die musikalische Arbeit.
Zudem meinte es auch das Wetter gut mit uns. Das steigerte den örtlichen Eisumsatz und animierte zum Baden im benachbarten Zeischaer See.

Die Fa. Mineralquellen Bad Liebenwerda sorgte immer wieder kistenweise für Nachschub an kostenlosem Mineralwasser, das Erlebnisbad „Wonnemar" verschenkte Gutscheine an die Musikwochenteilnehmer; der Landkreis Elbe-Elster, die Sparkasse Elbe-Elster, die Stadt und die Kirchengemeinde leisteten finanzielle Unterstützung – wir fühlten uns bei der Premiere in Bad Liebenwerda willkommen geheißen und rundum gut versorgt. Hinzu kamen die willkommenen finanziellen Unterstützungen durch das Kirchenchorwerk und durch die Kulturstiftung Sachsens.

Im Bürgersaal der StadtDie großzügige Unterstützung durch die Stadtverwaltung erleichterte die Vorbereitung und Durchführung der Musikwoche, angefangen vom Bürgermeister Thomas Richter bis zu den Mitarbeitern des Haus des Gastes, allen voran Frau Brzezinski. Auch bei der Öffentlichkeitsarbeit unterstützte die Stadt die Musikwoche, sei es bei der Plakatierung oder durch regelmäßige Berichterstattungen in der Presse und im Fernsehen. Täglich wurde über unsere Arbeit berichtet, selbst über den Bunten Abend. Die Musikwoche hatte mit der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, Prof. Dr. Johanna Wanke, erstmals eine kulturpolitische Schirmherrin.

Die Hauptarbeit oblag aber vor Ort der Kantorin Dorothea Voigt, welche rührig und selbst in größten Stresssituationen freundlich und gelassen alle Probleme löste. Ihre Tochter Maria leistete mit ihrer Freundin Judith Rohleder durch die allabendliche Verwaltung der Getränke-Knabber-Kasse einen wichtigen Beitrag zur Nahrungszufuhr und verhinderte das nächtliche Verdursten der Teilnehmer. Erfrischend für uns waren die täglichen Andachten von Pfarrer Meißner, die er gemeinsam mit Dorothea mit Taize´-Liedern gestaltete.

Die erste anstrengende Atempause der Musikwoche ist immer der Bunte Abend. Bis Dienstag litt auch er unter fehlenden Programmanmeldungen. Über Nacht explodierte dann die Kreativität, so dass am Mittwoch abend gemeinsam mit den Gastgebern wieder ein abwechslungsreiches, humorvolles Programm genossen werden konnte. Das Danklied an die Gastgeber verwendete ortstypisch die Melodie eines Taize´-Liedes. Ortstypisch auch der Dirigententransport auf Liebenwerdaer Mineralwasserflaschen.

Torgau - vor dem ChorkonzertDas Chorkonzert fand am Freitag als „Psalmenkonzert im Paul Gerhardt-Jahr" in der Stadtkirche zu Torgau statt.
Es wurden geistliche Chorwerke und Psalmenvertonungen von Georg Friedrich Händel, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Rudolf Mauersberger und Johann Walter mit Solisten der Musikhochschule „Carl Maria von Weber" aufgeführt. Cornelius Volke stellte hierbei erstmals eine von ihm selbst arrangierte Strophenmotette über „Befiehl du deine Wege" in der Öffentlichkeit vor, ein gelungenes Debut. Hierbei agierten verschiedene Teilchöre und Instrumente, die im Kirchenschiff räumlich voneinander getrennt aufgestellt waren.

(Eine Episode am Rande: Spät in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag bemerkten wir das Fehlen von Eintrittskarten für das Torgau-Konzert, Ergebnis mangelnder Organisation und Absprachen. Christopher Schmidt, unser nie Schlaf brauchendes IT-Wunder und trotzdem gut Geigender, hatte sie sofort in dieser Nacht noch entworfen, damit sie am Freitag morgen vervielfältigt und von pausierenden Bläsern zurechtgeschnitten werden konnten.)

Probe in der KreuzkircheFür unseren Dirigenten ist das Konzert in der Kreuzkirche in Dresden immer die größte musikalische Herausforderung der Musikwoche, schließlich ist das dortige Publikum das kritischste. Der Sonnabend war von der Abfahrt der Technik 07.15 Uhr bis zum Konzertbeginn um 19.30 Uhr generalstabsmäßig geplant.
Chor und Orchester wuchsen bei der Paukenmese von Haydn und der 1. Sinfonie von Brahms über sich hinaus. Ein Konzert in der großen Kreuzkirche mitten in Dredens Zentrum wird von jedem als eine außergewöhnliche Chance und Verpflichtung empfunden.
Nächtens zurückgekehrt, wurden wir vor und in dem Gemeindehaus von einem Lichtermeer empfangen, passend zur zufriedenen Stimmung. In gelöster Atmosphäre konnten die große Anstrengung nachklingen und die Konzerteindrücke aufgearbeitet werden.

Ein großes Lob gilt den freiwilligen Heinzelmännchen vor allem aus dem Chor um Jens Proeger herum, welche am Freitag den Podestabbau in Bad Liebenwerda sowie -aufbau und -abbau in Torgau, am Sonnabend den Podesttransport nach, -aufbau und –abbau in Dresden mit nächtlichem Rücktransport nach und am Sonntag den Podestaufbau und –abbau in Bad Liebenwerda geräuschlos hervorragend absolvierten. Eine professionelle Leistungserbringung wäre finanziell nicht zu tragen gewesen.

Die hartgesottenen Chormitglieder gestalteten nach einer kurzen Nacht den Gottesdienst am Sonntag mit aus. Anschließend wurde der Altarraum für das Abschlusskonzert am Nachmittag hergerichtet. Trotz paralleler Konkurrenzunternehmen, wie z.B. 10. Waldbadfest und 4. Reit- und Springturnier, war diese große Kirche mit der größten freitragenden Holzdecke Deutschlands fast ausverkauft. Herr Staatssekretär Dr. Komusiewicz überbrachte ein Grußwort der Landesregierung Brandenburgs, auch das ein Novum in der Musikwochengeschichte.
Das Abschlusskonzert füllte diese Kirche mit einer ungewohnten Klangfülle. Mit der Chorsinfonik ist das Liebenwerdaer Publikum durch die eigene Kirchenchorarbeit hinlänglich vertraut. Die Brahmssinfonie wird hingegen die erste romantische gewesen sein, die in dieser Kirche je erklungen ist. Woher sollte auch eine solche Kleinstadt ein Sinfonieorchester mit voller Bläserbesetzung bekommen können? Hieran wird deutlich, dass die Musikwochenarbeit nebenbei auch eine kulturelle Aufgabe im ländlichen Raum erfüllen kann. Bereits während der Probenarbeit nutzten etliche Passanten die Chance zum Zuhören, wie auch einige Unverwüstliche wie Detlef Hoffmann durch Straßenmusik Einwohner während der Marktzeit auf uns aufmerksam machte. Das Publikum dankte mit einer stattlichen Kollekte, welche die Risiken der Musikwochenarbeit abfedern hilft.

Nach dem Konzert verließen alle auswärtigen Teilnehmer am Sonntag abend müde und zufrieden die Stadt. Die Musikwoche erscheint rückblickend wie eine kurze, intensive Pause zum Atemholen, die lange trägt.

Theodor Peschke, Sonate 5/2009

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