54. Sächsische Chor- und Instrumentalwoche Datum: 13. bis 21. August 2024 Ort: Hohenstein-Ernstthal Leitung: Georg Christoph Sandmann und Katharina Reibiger Konzerte: Gersdorf und Mylau |
Sonntag, den 21. Juli 2024: Nach dem fulminanten Schlussakkord erfüllt eine ergreifende Stille das Kirchenschiff in Mylau. Unser Dirigent Christoph Sandmann genießt die nachwirkende Anspannung und scheint den bereits verschwundenen Klängen immer noch nachzulauschen. Wir Musiker und Sänger halten schweigend inne; ich presse meine Lippen zusammen, um die Tränen zurückzuhalten. Dann löst sich die Anspannung in einem nicht enden wollenden Beifall. Wir stehen alle, auch die Zuhörer. Es sind diese unbezahlbaren Glücks-, Erfolgs-, Zufriedenheits- und Geborgenheitsgefühle, die den Zauber unserer SCIW ausmachen und mich seit vielen Jahren immer wieder dorthin führen. Mit meinen Zeilen möchte ich vor allem Dir als neugierigem Zufallsleser oder -leserin Appetit machen, Dich für die nächste Musikwoche anzumelden.
Seit einer Woche hatten wir konzentriert auf dieses Konzert und auf das tags zuvor in Gersdorf hingearbeitet. Auch das gestrige Konzert war ergreifend schön. Wie zwei gewonnene Fußballspiele gegen dieselbe Mannschaft nicht identisch verlaufen und auch zwei Gartenbeete mit den gleichen Blumensorten ihre jeweils eigene Pracht entwickeln, so hat auch jedes Konzert sein eigenes Flair. Nach Gersdorf haben wir es glücklich und zufrieden hinterher in nächtlicher Runde weiterwirken lassen können. Das Wetter meinte es gut mit uns, wir haben uns draußen unter dem warmen Nachthimmel feiern können. Das gemeinsame Mitfiebern der singenden und spielenden Musiker prägt unsere Gemeinschaft, Haydn hätte seine Freude an uns gehabt. Auch die Solisten haben gerne mit uns musiziert.
Nach dem Abschlusskonzert in Mylau sind wir wieder für ein Jahr in alle Himmelsrichtungen nach Hause gefahren. Das Wissen um das bevorstehende Abschiednehmen verstärkte sicherlich noch die emotionale Wirkung dieses Konzertes. Umso erfreulicher war es bei der Ankunft in diesem Jahr, viele vertraute Gesichter vom vergangenen Jahr wiederzusehen. Manche Namen waren mir sofort gegenwärtig, manchmal musste ich nachfragen. Das Salz in der Suppe sind immer die Neuen, von denen in der Regel etliche Wiederholungstäter werden. Die Neuen bringen frischen Wind mit, zusätzliche Stimmgewalt im Chor oder Verstärkung bei den Streichern oder füllen als Bläser eine Lücke.
Wenn Du es genauer wissen willst, wie es einem Chorsänger während der Woche ergeht, dann empfehle ich Dir, den Bericht von Uli über die Musikwoche des vergangenen Jahres 2023 zu lesen. Und detailliertere Eindrücke aus Orchestersicht geben Petras Rückblick auf 2019 und der von Anonymus auf 2018 wieder, wobei Petra zu den Wiederholungstätern gehört wie Uli mittlerweile auch. Dazwischen liegen Corona-bedingte Ausnahmejahre, deren Berichte für immer hoffentlich einmalig bleiben.
Für mich beginnt jede Musikwoche mit dem Erstaunen über die ausgedruckten Noten, die ich vorab zugesandt bekomme. Das Vertrauen von Christoph in uns Geigerlein ist immer wieder bewundernswert. Mit unserem Profi Michael als Konzertmeister, mit Vicky und Dorothea hat er die Schlüsselpositionen aber halt auch kompetent besetzt. Wie der Herre, so das Gescherre, zu letzterem gehöre ich als Tuttischwein. Und so hilft nur regelmäßiges Üben vorab, um ungewohnte Fingersätze blind und schnell spielen zu können. Zwischen Vorsatz und Umsetzung klafft aber oft eine Lücke, so dass ich auch dieses Mal mit einem mulmigem Gefühl angereist bin, Haydn muss verdammt gute Geiger von seinem Fürsten gestellt bekommen haben. Aber da es bisher jedes Jahr gut ausging, war ich auch diesmal zuversichtlich. Wir absolvieren halt freiwillig wie Leistungssportler ein Höhentraining und kommen so zu Ergebnissen, die im Flachland nicht möglich sind. Und das macht süchtig, siehe oben.
Zu unserer Musikwoche gehören die täglichen, musikalisch begleiteten Morgenandachten und das Angebot der morgendlichen gymnastischen Aufwachdehnstreckundbiegeübungen á la Yoga, Seele und Körper danken es. Leider ist der Zeitplan früh so eng, dass dadurch für ein genussvolles Frühstück die Muße fehlt, mein Kritikpunkt seit Jahren. Und ein Probenbeginn mit einem unzufriedenen Geiger ist eigentlich suboptimal, anscheinend merkt es nur leider keiner. Vielleicht soll die knappe Planung fürsorglich meine obligatorische Gewichtszunahme mäßigen, und ich habe es nur noch nicht erkannt? Denn zunehmen tue ich jedes Mal, weil ich in der Gemeinschaft von den schmackhaften Speisen einfach zu viel esse. Wie ich auch jedes Jahr übermüdet nach Hause fahre, weil ich das abendliche Zusammensein mit Gleichgesinnten genieße. Die Mittagspause könnte zwar zum Nachholen des fehlenden Nachtschlafes genutzt werden, nur lockt die Abkühlungsmöglichkeit im nahen Stausee in der Sommerhitze doch zu sehr.
Unsere Gemeinschaft zeigte sich auch bei der musikalischen Ausgestaltung der evangelischen und katholischen Gottesdienste in der Nachbarschaft, beim Hofkonzert und natürlich in ausgeprägter Form beim Bunten Abend als internem kulturellen Höhepunkt. Das Programm wurde wieder von den Allerjüngsten bis zu den Ältesten gestaltet. Instrumentalisten entpuppten sich als begnadete Sänger, Sänger als versierte Gitarristen oder Klavierspieler. Unsere Chefs Katharina und Christoph haben ihre musikalischen Fähigkeiten abseits des Pflichtprogramms beweisen dürfen, müssen und können. In Anbetracht der Fußball-EM wurde mit der wiederentdeckten SCIW-Hymne der Rudelgesang geübt. Und unsere langjährige Orchesterwochenmutti des Bethlehemstifts, Frau Uhlig, schenkte jedem von uns zu ihrem Abschied einen Trostengel aus Keramik mit entsprechender Bibelstelle, der neben den Noten- und Pausenzeichen aus Neschwitz seinen Musikwochen-Ehrenplatz bei mir bekommen hat und Zuversicht ausstrahlt.
Die Musikwoche ist ein Geschenk, für das ich allen und jedem danken möchte, angefangen von 3*Michael über 2*Christoph, 2*Katharina, 2*Thomas, ... , bis zu 2*Katrin und 1*Uta.
Ad multo annos, S.D.G.
Theodor Peschke