39. Sächsische Chor- und Instrumentalwoche Datum: 1. bis 10. August 2008 Ort: Neschwitz Leitung: Wolfgang Behrend und Cornelius Volke Assistenz: Frank Schreiber Konzerte: Neschwitz, Bautzen, Görlitz und Dresden |
Neschwitz nahm unsere Musikwoche zum dritten Mal nach 2004 und 2005 als Gastgeber auf, diesmal vom 01.08.2008 bis 10.08.2008.
Die Resonanz auf die Ausschreibung führte wiederum zu der hohen Zahl von 160 Teilnehmern.
Zentraler Anlaufpunkt am Freitag als Ankunftstag war wiederum der Bürgersaal. Mit dem Wiedersehen bekannter, vertrauter Gesichter wird schlagartig die „Musikwochenatmosphäre" wieder gegenwärtig, beginnt die Vorfreude auf eine unbeschwerte Zeit voller Musik in angenehmer Gemeinschaft. Die unbekannten Neuen werden spätestens mit der Abendprobe integriert.
Am Sonnabend und Sonntag konnten die Proben entspannt stattfinden, da im Sonntagsgottesdienst vom Chor „nur" bekannte Musikstücke der vorangegangenen 38. Musikwoche dargeboten wurden.
Die Probenarbeit lag wieder in den bewährten Händen von Wolfgang Behrend für die künstlerische Gesamtleitung und die Orchesterarbeit. Die Chorarbeit verantwortete wieder Cornelius Volke. Wie bereits bei der vorangegangenen Musikwoche erarbeitete der Chor ein eigenständiges Konzertprogramm, was eine neue Tradition begründen könnte.
Die organisatorische „Hintergrundarbeit" lag wieder in bewährten Händen von Michael Fritsch, wie auch die IT-gestützte Publikationsarbeit innerhalb und außerhalb der Musikwoche von Christopher Schmidt durch stete Nachtarbeit gewährleistet wurde.
Erster Konzerthöhepunkt war am Mittwoch das Benefiz-Konzert in Neschwitz zugunsten des Wiederaufbaus des Neschwitzer Kirchturmes mit Werken bekannter Meister. Mittlerweile ist uns diese gepflegte Dorfkirche mit ihren Räumlichkeiten sehr vertraut, wir fühlen uns hier, im Pfarrhaus und im Pfarrgarten sehr heimisch. Das Konzert war sehr gut besucht. Die hohe Zahl an zufriedenen Besuchern, darunter viele Quartiergeber, war der erhoffte Lohn.
Durch den auf 18.30 Uhr vorgezogenen Konzertbeginn war der Übergang zum „Bunten Abend" im Bürgersaal am gleichen Abend ohne Hast zu bewältigen. Etliche Quartiergeber feierten nach dem Konzert mit uns weiter. Es hieße Eulen nach Athen zu tragen, die besondere Gestaltung des Abends mit seiner Vielgestaltigkeit beschreiben zu wollen. Die Bläser leiteten ihn festlich ein, gefolgt von den liebevoll vorbereiteten Beiträgen der Kinder. Das Programm vereinte neue und alte Gesichter.
Wie jede Nacht endete auch diese erst gegen Morgen am Lagerfeuer unter der Obhut von Robert Schönherr.
Am Freitag erklang im Bautzener Dom erstmals unser abendfüllendes chorsinfonisches Programm im Konzert unter der Leitung von Wolfgang Behrend.
Dank unserer Neschwitzer „Fangemeinde" war der Dom gut gefüllt. Wenn die Plakatierung und die Öffentlichkeitsarbeit durch die Bautzener Gemeinde geklappt hätte, wären sicherlich noch mehr Besucher unserer Einladung in den Dom gefolgt. Kurzfristige eigene Werbeversuche mit Handzetteln auch in den vorangegangenen Tagen konnten die fehlende langfristige Öffentlichkeitsarbeit nicht vollständig kompensieren.
Als unerwarteter Ehrengast wurde Gotthold Schwarz, genannt Bimbo, - ein Urgestein vergangener Musikwochen (s. Sonate Nr. 2) – zum Konzertausklang am nächtlichen Lagerfeuer in Neschwitz mit eingeladen.
Die Programmauswahl war für Musikkenner ein Genuss, für Unbedarfte eine ungewöhnliche Kost. Wolfgang hat uns in den Proben die verschiedenen Nuancen der Instrumentierung und die Absichten der jeweiligen Komponisten ausführlich näher gebracht.
So habe Gustav Mahler für seine Beschäftigung mit den Kindertotenliedern von seiner Frau Alma kein Verständnis erfahren, da sie es als böses Omen angesehen habe. Dies habe sich später im Tod eines seiner beiden, noch kleinen Kinder bestätigt. Zum besseren Verständnis des begleitend zu Spielenden erhielten wir Auszüge der von der Solistin zu singenden Texte: „Oft denk´ ich, sie sind nur ausgegangen! Bald werden sie wieder nach Hause gelangen! Der Tag ist schön! O sei nicht bang! Sie machen nur einen weiten Gang!" – das sind berührende Passagen.
Nicht minder elegisch das Konzertstück für Cello von Max Bruch im Sinne eines wortlosen Gebetes mit Orchesterbegleitung. Wolfgang Behrend erläuterte uns während einer Probe hierzu die Wichtigkeit des Verzeihens für unser Zusammenleben. Von der theoretischen Erkenntnis bis zur praktischen Umsetzung ist es leider oft ein langer Weg, der das Eingeständnis der eigenen Verfehlung voraussetzt und nicht immer gut endet, – ein schmerzhafter Prozess, der sich in dieser ergreifenden Musik wiederfindet.
Der Chor hatte am Konzertbeginn seinen großen Auftritt mit der Psalmvertonung von Zemlinsky, für das Zusammenspiel eine Herausforderung, die wir nahezu problemlos gemeistert haben.
Die Orchestermusiker konnten in der abschließenden 1. Mahler-Sinfonie ihr Können unter Beweis stellen. Dabei bestätigte es sich wieder einmal, dass sich Laien unter Konzertbedingungen mit unerwarteten guten Leistungen selbst übertreffen. Diese Musizierfreude scheinen die Zuhörer zu spüren.
Gefeierte Solisten der Abschlusskonzerte in Bautzen und Dresden waren als Mezzosopranistin Friederike Meinel und als Cellist Claudio Corbach.
Der Petersdom in Bautzen ist akustisch wegen seiner durch die Nutzung als Doppelkirche verursachten räumlichen Teilung immer eine akustische Herausforderung, hinzu kommt die Enge trotz des großen Kirchenschiffes. Alle Instrumentalisten und Choristen fanden aber letztlich ihren Platz, teilweise versteckt hinter der Kanzel, mit dem Taufstein im Rücken oder mit einem Fuß außerhalb des Geländers. Dem Enthusiasmus tat das keinen Abbruch.
Für den Techniktransport von Neschwitz nach Bautzen, Görlitz und Dresden konnte erstmals nicht mehr auf die jahrelange Erfahrung von Jens Proeger zurückgegriffen werden. So bildeten diesmal Michael Fritsch, Eckart Behrend und Christopher Schmidt das Kernteam. Für die Zeiten von Orchester- und Chorproben in Neschwitz und Bautzen, LKW- und PKW-Fahrten und die versetzten Essenszeiten gab es wieder einen ausgeklügelten Zeitplan.
Einige Werke des Mittwochkonzertes übernahm Cornelius Volke in sein Chorkonzert in seiner Heimatstadt Görlitz. Am Sonnabend fand dieses als Benefizkonzert für die Sonnenorgel in der großen, schönen Peterskirche zu Görlitz am Neiße-Ufer statt. Die Fahrt mit den Bussen hin und zurück war entspannend. Da etliche Musikwochenteilnehmer mit ihren Privatautos dorthin fuhren, war die Hinfahrt noch regelbar. Nach dem Konzert fehlte hingegen bei der Rückfahrt der Überblick, wer nun mit wem fährt. Glücklicherweise reichte die Kapazität eines Autos als Lumpensammler aus.
Cornelius zeigte die verschiedenen Klangfarben des gotisch geprägten Kirchenschiffes: der Chor wurde in der Vierung gegenüber der Orgel platziert, der Fernchor auf einer seitlichen Empore. Die Zuhörer wurden dadurch in das von Vokal-, Instrumental- und Orgelmusik getragene Programm auch räumlich hineingenommen.
Solisten waren wieder wie am Mittwoch Marie-Luise Werneburg und Katrin-Maria Corbach. Solist an der Orgel war Frank Schreiber.
Auch dieses Konzert war gut besucht. Es genossen mehr Besucher als in Neschwitz und Bautzen den berauschenden Klang in dieser großen Hallenkirche.
Eine Episode am Rande: 1974 haben Marie-Luises Eltern noch selbst mit der Querflöte und mit der Posaune an der Musikwoche teilgenommen, jetzt konnten sie ihre Tochter bewundern.
Das Konzert in der Kreuzkirche zu Dresden stellt immer den Höhepunkt unserer Musikwoche dar. Es fand dieses Mal als Abschlusskonzert der Musikwoche am Sonntag statt. Erstmals war selbst Wolfgang Behrend ungewöhnlich aufgeregt, dirigiert er erstmals eine der großen Mahler-Sinfonien vor heimischem Publikum. Vor dem Konzert schwärmten wieder Musikwochenteilnehmer aus, um auf dem Altmarkt Touristen zum spontanen Konzertbesuch zu animieren. Das Kirchenschiff und die erste Empore waren wieder sehr gut gefüllt. Das trug mit dazu bei, dass im Orchester und im Chor die hohe Konzentration nahezu körperlich spürbar wurde. Es hieße wieder Eulen nach Athen zu tragen, wollte man die ansprechenden Leistungen beschreiben. In solch einer angespannten Atmosphäre sind auch Laien zu erhofften, aber kaum für möglich gehaltenen guten Leistungen fähig. Auch hier ist der Funke der Begeisterung wie in Neschwitz und Görlitz auf das Publikum übergesprungen, die Beifallsstürme am Ende des Konzertes waren der verdiente Lohn. Der Adrenalinschub ließ nach dem Konzert eine zufriedene, glückliche Musikantenschar ihre Heimreise antreten.
Nur der harte Organisationskern – Michael Fritsch, Robert Schönherr – sorgten für den Rücktransport der Podeste und Pulte nach Neschwitz.
Theodor Peschke, Sonate 5/2009